Sieger und Verlierer
Der Erfurter Parteitag ist Geschichte. Ist er das wirklich? Natürlich nur, wenn ich davon ausgehe, dass der Bundesparteitag vorbei ist und Entscheidungen getroffen hat: Es wurde ein neuer Vorstand gewählt. Statt 44 Vorstandsplätze gibt es nur noch 26 Mitglieder. Gut so, finde ich, denn die große Zahl an Vorstandsmitgliedern ist noch aus der Zeit der Gründung der LINKEN vor 15 Jahren gewesen und heute überhaupt nicht mehr zeitgemäß.
Wie immer, wenn es um Wahlen geht und es mehr als eine Bewerbung gibt, dann gibt es „Sieger“ und „Verlierer“. Aber ist das so? Ich finde, es ist immer Ausdruck von demokratischer Teilhabe, wenn es mehrere Bewerber*innen gibt. Damit können die Parteitagsdelegierten entscheiden.
Sie entscheiden dann aus unterschiedlichen Gründen: Politische. Atmosphärische. Aus Überzeugung. Wegen des Auftrittes des Kandidierenden oder wegen ganz bestimmter Aussagen. Nun gibt es an der Spitze Kontinuität und Erneuerung. Kann gut gehen, wenn wir den Gewählten die Möglichkeit geben, jetzt ihre Vorschläge vorzustellen und mit uns umzusetzen. Sieger und Verlierer sehe ich nicht.
Der Parteitag hat auch politische Debatten geführt. Kontrovers. Emotional. Wie bei so manchen Bundesparteitagen, an denen ich teilnehmen konnte. Das ist nichts Neues, auch nichts Schlimmes. Weil genau diese Debatten sollen auf so einem Parteitag geführt werden und dann wird entschieden. Damit beginnen dann wiederum die Probleme, denn auch hier wollen dann einige „Sieger“ sein und manche fühlen sich als „Verlierer“. Beides halte ich für falsch. Mehrheiten entscheiden das gehört nun mal in eine Demokratie. Ich muss diese Mehrheitsentscheidungen nicht begrüßen, aber ich sollte insbesondere wegen der Außenwirkung einer Partei die Entscheidung respektieren. Das erwarte ich tatsächlich von allen.
Mein Eindruck auf dem Parteitag war, dass es eine Mehrheit gibt, die klare Position beziehen und gleichzeitig an Lösungen arbeiten möchte, wie diese Positionen im Jetzt und Hier umgesetzt werden können. Beschriebenes Papier ist geduldig und für Parteien sowie für ihr Selbstverständnis auch wichtig und notwendig. Wer aber politisch mitgestalten will, sucht Möglichkeiten etwas zu verändern. Einige werden auch das Zitat von Marx in Erinnerung haben: „Gewalt, allein auch die Theorie wird zur materiellen Gewalt, sobald sie die Massen ergreift.“
Also die schönsten Beschlüsse auf Parteitagen machen keinen Sinn, wenn wir nicht den Menschen davon mit einer Position erzählen, was wir wollen. Neben dem Beschluss zu unserem Verhältnis zum Thema Krieg und Frieden im Angesicht der aktuellen Ereignisse in der Ukraine, haben wir auch über den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft und unsere Vorschläge dazu diskutiert und beschlossen. Beide Beschlüsse werden auf der Homepage der Bundespartei in den nächsten Tagen veröffentlicht und können dort nachgelesen werden.
Lasst uns auch in unserem Kreisverband darüber reden. Ich komme, wenn es zeitlich passt, gerne bei Euch vorbei zum Reden und Diskutieren.
Rico Gebhardt
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